Fragen und Antworten

Waldkindergarten, was ist denn das schon wieder für ein neumodisches Zeug?

Schon 1950 gründete die Dänin Ella Flatan den ersten Waldkindergarten. Zunächst ging sie mit ihren eigenen und einigen Nachbarskindern in den Wald. Diese Form der Kinderbetreuung rief bei anderen Eltern großes Interesse hervor und so gründete sich eine Initiative, die den ersten Waldkindergarten ins Leben rief.

Der erste private Wald- und Naturkindergarten in Deutschland entstand 1968 in Wiesbaden. In den 1990er Jahren fand dann die Waldkindergartenbewegung großen Anklang. Der erste vom Jugendamt anerkannte Waldkindergarten startete 1993 in Flensburg. Mittlerweile gibt es mehr als 1000 Wald- und Naturkindergärten in der gesamten Bundesrepublik. Sie sind von allen Ministerien und Landesjugendämtern als vollwertig anerkannt und wegen ihrer Vorteile für die kindliche Entwicklung ausdrücklich befürwortet.

Was ist eigentlich ein Waldkindergarten?

Ein Waldkindergarten wird oft auch Kindergarten ohne Wände genannt. Die Kinder die einen Waldkindergarten besuchen verbringen die meiste Zeit des Jahres in der freien Natur. Alle Aktivitäten finden draußen statt. Ausnahmen sind natürlich Extremwetterlagen, wie z.B. Gewitter, Sturm und Temperaturen unter -10°C. Für diese Fälle gibt es eine Notunterkunft. Die Kinder treffen sich jeden Morgen mit dem pädagogischen Personal an einem festgelegten Platz (bei den Waldbienen wird dies der Bauwagen sein) und gehen gemeinsam in den Wald.

Übrigens:

Ein Waldkindergartenn ist nicht zu verwechseln mit einem Waldorfkindergarten (gegründet vom Reformpädagogen Rudolf Steiner).


Wie sieht der Tagesablauf in einem Waldkindergarten aus?

Die Zeit von 7.30- 8.30 Uhr ist die Bringzeit. In diesem Zeitrahmen treffen alle Kinder beim Bauwagen ein. Nach dem gemeinsamen Morgenkreis, in dem unter anderem das Ziel des Tages besprochen wird, geht es dann los in den Wald zum Frühstücksplatz. Sind dann alle Kinder am Frühstückspatz angekommen müssen die Hände gewaschen werden. Wenn die Hände sauber und trocken sind wird nach dem gemeinsamen Tischspruch in großer gemütlicher Runde gegessen. Oft ist vor dem Frühstück noch Raum und Zeit für ein kleines Fingerspiel ein Lied oder ähnliches. Nach Ende des Frühstücks ist die Zeit für das Freispiel. Jetzt können die Kinder selbst entscheiden welcher Beschäftigung sie nachgehen wollen. Sie können klettern, balancieren, unter Anleitung schnitzen, malen, Rollenspiele spielen, themenbezogene Angebote wahrnehmen, Geschichten lauschen, Insekten beobachten Hütten bauen, Kurzexkursionen in Kleingruppen unternehmen und und und…Leider ist die Zeit im Wald oft viel zu schnell vorbei und alle müssen den Heimweg antreten. Nach einem Abschlusskreis mit Spiel, Gesang und Gesprächen über die Geschehnisse des Tages ist dann von 12.30- 13.00 Uhr Abholzeit wieder beim Bauwagen.

Der Toilettengang im Wald

Wie die meisten Waldkindergärten werden die Waldbienen auch eine Komposttoilette an ihrem Treffpunkt beim Bauwagen haben. Im Wald gibt es keine Toiletten. Nun werden sich manche Menschen fragen, ob jetzt jeden Tag zwanzig dampfende Häufchen im Wald zurückgelassen werden. Nein, so ist es nicht. An jedem unserer Plätze gibt es außerhalb des Spielbereichs, geschützt hinter einem Baum, einen „Pipiplatz“. Dort können die Kinder allein, oder mit Hilfe der Erzieherin Pipi machen. Für das „große Geschäft“ braucht es immer die Hilfe der Erzieherin. Zuerst wird ein Loch gegraben, und danach wird es auch wieder zugeschaufelt. Man muss aber erwähnen, dass der Mensch, groß, wie klein, seinen Darm erziehen kann und schon nach wenigen Tagen im Wald heben sich die Kinder das große Geschäft für zu Hause auf.

Gibt es im Waldkindergarten wirklich kein Spielzeug?

Spielzeug im herkömmlichen Sinn gibt es im Waldkindergarten nicht. Vergeblich wird man Lego, Autos Puppen etc. suchen. Die Kinder spielen mit dem, was sie in der Natur vorfinden: Baumstämme, Stöcke, Rinde, Bucheckern, Eicheln, Wurzeln, Moos, Erde, Blätter, Steine… Natürlich gibt es im Waldkindergarten Bücher, von denen täglich eine Auswahl mit in den Wald genommen, und vorgelesen, wird. Den Kindern stehen selbstverständlich Mal- und Bastelsachen für Kreativ Angebote zur Verfügung. Ebenfalls gibt es Werkzeuge, wie Sägen, Schnitzmesser, Hämmer und Schaufeln die meistens mit dabei sind. Die Kinder gehen wegen des häufigen Gebrauchs erstaunlich sicher mit den Werkzeugen um und haben viel Freude daran.

Gelegentlich nehmen wir auch Seile mit in den Wald und spannen diese zu unterschiedlichen Kletterstationen oder zu einer Schaukel auf. Nicht zu vergessen sind natürlich die Becherlupen, in denen man sich den einen oder anderen Käfer – vorsichtig - etwas genauer betrachten kann.

Im Wald findet, trotz der vielen Möglichkeiten die sich den Kindern bieten, keine Überforderung, oder Reizüberflutung statt.

Vorschulerziehung im Waldkindergarten

Wie sieht die Vorschularbeit im Wald aus? Vorab: Vorschulerziehung beginnt nicht erst im letzten Kindergartenjahr. Täglich singen die Kinder im Kreis, lernen Verse, Gedichte und Fingerspiele. Sie üben sich im freien Sprechen vor der Gruppe und werden durch das tägliche Zählen der Kinder mit den Zahlen im Zahlenraum von 1- 20 vertraut. Außerdem spielen sie Kreis- und Bewegungsspiele bei denen sie Regeln und Handlungsabläufe kennen lernen und sich daran halten müssen.

Vorbereitung auf die Schule soll nicht durch die Vorverlegung schulischer Lernstoffe und Lernmethoden erfolgen, sondern über das Prinzip des sozialen Lernens. Selbstverantwortlichkeit, Selbstständigkeit und ein gesundes Maß an Selbstvertrauen sind grundlegende Eckpfeiler des Menschwerdens, hier steht der Kindergarten in der Pflicht diese sozialen Kompetenzen zu unterstützen. Dennoch ist es uns ein Anliegen, den Kindern ein umfassendes Vorschulprogramm zu bieten. Die Förderung der Stifthaltung, der Umgang mit der Schere, das Kombinieren und das Arbeiten an schulspezifischen Themen (Buchstaben, Zahlen, Mengen, geometrische Formen etc.) werden regelmäßig in Kleingruppen gezielt vermittelt.

Der Wald macht schlau und gesund

Das Konzept der Waldkindergärten „macht nicht nur Schule“, es bereitet auch die Kinder optimal auf die Schule vor. Warum das so ist kann man anhand von wissenschaftlichen Studien und Erfahrungsberichten veranschaulichen.

In den Studien wurden Kinder aus Regelkindergärten mit Kindern, die einen Waldkindergarten besucht haben, verglichen. Im Ergebnis schneiden die Waldkinder sehr gut ab. Besonders in den Bereichen Motivation, Ausdauer, Konzentration, Sozialverhalten und Mitarbeit im Unterricht besitzen die Kinder aus Waldkindergärten den anderen Kindern gegenüber einen deutlichen Vorteil.

Aber warum ist das so?

Kinder in Waldkindergärten sind viel mehr auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Dies wirkt sich nachweislich positiv auf die Kooperations- und Teamfähigkeit, und somit auf das Sozialverhalten der Kinder aus. Waldkinder fügen sich im Durchschnitt leichter in Gruppen ein, sind rücksichtvoller, lösen auftretende Konflikte friedlicher und zeigen deutlich weniger aggressives Verhalten.

Die Kommunikationsfähigkeit wird durch die Umnutzung von Naturmaterialien zum Spielzeug stark gefördert. Ein Stock ist nicht mehr nur ein Stock. Er kann eine Angel, Baumaterial, Futter für die Tiere, ein Schwert, ein Lenkrad oder vieles mehr sein. Dies hat deutlich positive Auswirkungen auf die Ausdrucksweise und die Kommunikation der Kinder.

Dass Kinder aus Waldkindergärten gesünder sind als Kinder aus Regelkindergärten ist unumstritten. Nachweislich ist der Krankenstand in Regelkindergärten bei 8% - in Waldkindergärten hingegen bei nur 2,8%. Der Wald macht schlau und gesund!

Ist der Wald nicht gefährlich?

Lauern im Wald nicht viele Gefahren? Was ist mit Unfällen, giftigen Pflanzen, Zecken, dem Fuchsbandwurm und verlorenen Kindern?

Natürlich will niemand die Kinder gefährden. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Vorsichtsmaßnahmen und Verhaltensregeln an die sich alle halten. Im Wald passieren in der Regel sehr wenige Unfälle. Durch die viele Bewegung in der freien Natur werden die Kinder in ihrer Motorik sicherer und lernen Gefahren besser einzuschätzen. So eignen sie sich nach einiger Zeit im Wald den „Waldgang“ an. Sie gehen sicherer über unebenen Boden und stolpern nicht über jede Wurzel.

Wichtige Verhaltensregeln im Wald sind:

  • Die Kinder warten an vereinbarten Haltepunkten bis alle angekommen sind.

  • Immer in Sichtweite der Gruppe bleiben.

  • Wer einen Stock trägt, darf nicht rennen.

  • Beim Schnitzen setzen wir uns immer sicher hin und halten eine Armlänge Abstand zum Sitznachbarn.

  • Zum Schutz vor dem Fuchsbandwurm und Vergiftungen werden vor dem Essen immer gründlich die Hände gewaschen und generell keine Früchte, Pilze oder andere Pflanzen des Waldes gegessen. Die Finger werden nicht in den Mund gesteckt.

  • Der beste Zeckenschutz (Borreliose und FSME) ist lange Kleidung. Auch im Sommer tragen alle lange Hosen, lange Ärmel und eine Kopfbedeckung.

Grundsätzlich nehmen die Erzieherinnen regelmäßig an einem Erste-Hilfe-Kurs für Kinder teil. Außerdem führen sie einen kleinen Verbandskasten und ein Waldhandy mit sich, um im Notfall Hilfe zu leisten und zu rufen.